Der verhinderte Grossinvestor

Zu einem grossen Auftritt kam Kunz dann am 24. März 2015. Der Pfadi-Präsident und Bauunternehmer Jürg Hofmann verkündete in der Eishalle Deutweg vor geladener Presse, dass auf dem Nachbargrundstück jetzt das lang ersehnte Sportzentrum Wincity (heute: Win4) gebaut werde, eine Ballsportarena für 2000 Zuschauer mit Mantelnutzung. Es hätten sich private Geldgeber gefunden. Die Stadt Winterthur, welche den Arena-Träumen der Hallensportler jahrzehntelang aus finanziellen Gründen eine Absage erteilt hatte, war nicht beteiligt, stellte aber das Land im Baurecht zur Verfügung.

Zwei Investoren wurden namentlich vorgestellt: Bauunternehmer Philipp Jöhr (BWT) - und Andi Kunz. Der "Landbote" wies im Bericht auf Kunz' freikirchlichen Hintergrund hin und dass dieser 2010 im aargauischen Seon ein ähnliches Sport- und Kongresszentrum für 70 Millionen Franken geplant hatte, in dem auch Gottesdienste, sogenannte "Celebrations" stattfinden sollten. Damals wurde die Gemeindebevölkerung misstrauisch und verhinderte das Projekt. Hofmann versicherte gegenüber dem "Landboten": Gottesdienste seien in Winterthur im neuen Sportzentrum "ausgeschlossen".

Gruppenbild der Investoren beim Spatenstich: Andreas Kunz (2. v.r.), links Win4-Präsident Jürg Hofmann.

Gruppenbild der Investoren beim Spatenstich: Andreas Kunz (2. v.r.), links Win4-Präsident Jürg Hofmann.

Woher das Geld, das Kunz in das Sport-Grossprojekt einbringen wollte, stammen soll, blieb zunächst unklar. In einem "Landbote"-Interview im November 2015 verwies Kunz auf seine Rohstoffirma Intercorp, der Gold-Abbau in Kamerun solle bald beginnen. Er sei weit gereist und habe unter anderem die staatliche Fluggesellschaft von Uganda aufgebaut (siehe Kapitel 4).

Wie viel genau er den Hallen-Bauern um Jürg Hofmannn versprochen hatte, wollte er nicht sagen. Verwaltungsräte der Win4 AG bestätigen übereinstimmend: Es waren sechs Millionen Franken. Also etwa die Hälfte des zum Bau nötigen Eigenkapitals.

Pfadi-Handballer in Jordanien

Wenige Monate nach der Wincity-Pressekonferenz gelang Kunz ein PR-Coup: Im Juni 2015 flog die erste Mannschaft von Pfadi Winterthur auf Einladung von Kunz' Noiva-Stiftung für eine Woche nach Jordanien in ein Flüchtlingslager. Auch am jährlichen "Noiva-Forum" von Kunz' Stiftung waren Pfadi-Vertreter Stammgäste. Über die Ausgabe vom Januar 2017 berichtete der "Blick" auf einer Doppelseite, unter dem Titel "Flüchtlingskrise: Diese Menschen tun etwas dagegen". Nahost-Experte Erich Gysling trat als Redner auf, Stadtpräsident Michael Künzle (CVP) sprach ein Grusswort, auch Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt war auf der Bühne.

Doch während Kunz sich medial zu inszenieren weiss, verschlechtert sich im Verwaltungsrat der Wincity AG im Laufe des Jahres 2016 die Stimmung zusehends. Nach den 250'000 Franken, die Kunz im Vorjahr über seine Firma Intercorp eingebracht hat, sind keine weitere Zahlungen erfolgt. Die versprochenen 6 Millionen Franken fehlen. Immer wieder gibt es Verzögerungen, immer wieder präsentiert Kunz Dokumente, warum das Geld derzeit noch blockiert, aber in Kürze bereitgestellt sei. Im Protokoll der Sitzung vom 13. Juli heisst es: "AK informiert, dass die Gelder für die erste (CHF 6 Mio.) und zweite Etappe von den Investoren der Goldmine freigegeben wurden und bei einer amerikanischen Bank in Prüfung sind."






Die Pfadi-Handballer reisten auf Einladung der Stiftung nach Jordanien



Kunz weiss sich vorteilhaft zu inszenieren - zum Beispiel am jährlich stattfindenden Noiva-Forum.

Kunz weiss sich vorteilhaft zu inszenieren - zum Beispiel am jährlich stattfindenden Noiva-Forum.

Erstmals reisst an dieser Sitzung den anderen Aktionären der Geduldsfaden. "Aus heutiger Sicht muss im Worst-case davon ausgegangen werden, dass die für die Projektfinanzierung nötigen Gelder von AK nicht eintreffen werden", sagt einer der Investoren. Zwei Parteien verlangen, das Projekt zu stoppen, bis die Gelder von Kunz eingezahlt sind. Eine andere Partei mahnt: "Ein Projektstopp würde der Reputation und Glaubwürdigkeit des Projekts schaden." Andererseits sei die Finanzlage "sehr kritisch". Kunz solle als Zeichen seines Engagements wenigstens 100'000 Franken sofort aufs Projektkonto einzahlen.

An vorderster Front beim Spatenstich

Die Zahlung erfolgt nicht. Beim Spatenstich am 25. August 2016 lässt sich Kunz trotzdem an vorderster Front ablichten. Bei der nächsten VR-Sitzung ist Kunz entschuldigt.

Im Dezember 2016 erhöht die Wincity AG ihr Aktienkapital auf 12 Millionen Franken. Kunz ist an dieser Sitzung nicht dabei. Weil die versprochenen 6 Millionen fehlen, müssen andere Aktionäre, wie die Siska oder die Johann-Jacob-Rieter Stiftung mit höheren Beiträgen einsteigen, als sie es ursprünglich geplant hatten. Es gelingt, weitere private Investoren zu finden, etwa die GLP-Politikerin Annetta Steiner und der tennisbegeisterte Finanzmann Christophe Grünig. Die Halle kann gebaut werden.

Im Juli 2017 wird der Eintrag im Handelsregister geändert: Andi Kunz scheidet aus dem Verwaltungsrat aus.

Im August 2018 wird Win4, wie das Projekt inzwischen heisst, feierlich eingeweiht. Pfadi hat seine Heimhalle. Und Kunz ist ganz nah dran. Seine Stiftung Noiva hat ihren Sitz im zweiten Stock des Sporttrakts. Sein Vermieter: Pfadi-Trainer Adrian Brüngger, dessen Sporthypnose-Praxis ebenfalls dort eingemietet ist. Pfadis Trainer und Pfadis vermeintlicher Retter, sie teilen sich die gleiche Bürotür.

Obwohl die versprochenen Millionen auf sich warten lassen, ist Kunz beim inszenierten Spatenstich prominent vertreten.

Obwohl die versprochenen Millionen auf sich warten lassen, ist Kunz beim inszenierten Spatenstich prominent vertreten.

Finden Anlässe rund um Wincity statt, sitzt der "Investor" stets in der vordersten Reihe.

Finden Anlässe rund um Wincity statt, sitzt der "Investor" stets in der vordersten Reihe.

Der Sitz von Kunz' Stiftung Noiva befindet sich im neuen Winterthurer Sporttrakt.

Der Sitz von Kunz' Stiftung Noiva befindet sich im neuen Winterthurer Sporttrakt.

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