Die Betroffenen

Wie stark sind die Seitenbetreiber vom Algorithmus betroffen? Wie wichtig ist Facebook für sie?

Die Betroffenen

Die Betroffenen

Weniger Reichweite

Die Leidtragenden dieser Änderung sind Unternehmen, Medien und politische Gruppen. Deren Fan-Seiten erscheinen in Zukunft seltener in den Neuigkeiten der Nutzer. «Für Firmen und Medien wird es allenfalls schwieriger, sich durchzusetzen», sagt Kussmaul.
Wie eine Umfrage des «Landboten» zeigt, betrifft der neue Algorithmus alle zehn angefragten Winterthurer Seitenbetreiber. «Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen wir einen Rückgang unserer organischen Reichweite, was wir auf die Änderungen im Newsfeed zurückführen», sagt beispielsweise AXA-Mediensprecherin Melanie Ade. Für Roger Szilagyi von «Wintipix» ist es «auffällig», dass er immer weniger neue Follower auf Facebook generiere, ausser er macht aktiv Werbung für seine Seite.
Auch weitere Seitenverantwortliche bestätigen, dass ihre Reichweite auf dem sozialen Netzwerk rückläufig ist.

Das Magazin «Coucou», House of Winterthur oder die Winterthurer Musikfestwochen spüren hingegen noch nicht viel von den Änderungen. «Wir warten ab, wie sich das entwickelt», sagt Melanie Staub vom Magazin «Coucou».

Eine Strategieänderung steht bei keinem der befragten Seitenbetreiber zur Diskussion. Ursina Wirz von den Kurzfilmtagen Winterthur ist optimistisch: «Ich denke, wir haben das Glück, eine sehr interessierte und lokale Fangemeinschaft zu haben. Darum sollten unsere Beiträge die Fans immer noch gut erreichen.» Sie habe ihre Fans aber darauf hingewiesen, ihre Beiträge aktiv zu abonnieren.

«Ich denke, wir haben das Glück, eine sehr interessierte und lokale Fangemeinschaft zu haben auf Facebook.»

Ursina Wirz, Kurzfilmtage Winterthur

In Zukunft noch wichtiger

Facebook ist zweifellos für alle Befragten ein wichtiges Instrument. «Wir setzen in erster Linie auf unser Netzwerk von Facebook-Abonennten und nur marginal auf bezahlte Werbung», sagt Karin Landolt vom House of Winterthur. Laura Bösiger, Co-Geschäftsführerin der Winterthurer Musikfestwochen, findet: «Über Facebook können wir kulturelle Inhalte vermitteln und Themen wie kleineren Programmpunkten oder lustigen Anekdoten eine Plattform geben, die sonst kaum Öffentlichkeit erreichen würden.» Das sei sehr wichtig für sie — gerade in einer Zeit, wo auch medial vermehrt Ressourcen fehlten, Kultur eine Plattform zu geben.

Für Manuel Aeberli von den Winterthur «Warriors» ist Facebook vor allem attraktiv, weil er damit sehr zielgerichtet werben kann: «Ich erreiche durch den Einsatz von vergleichsweise geringen Werbefranken eine passende Zielgruppe.» Als Facebook-User begrüsse er die Änderung des Algorithmus: «Der Grundgedanke der sozialen Medien sollte ja eigentlich der Austausch zwischen Menschen sein.» Aber als Seitenbetreiber sei er gefordert: «Der Inhalt der Beiträge muss noch viel besser sein als bis anhin, um wirklich gesehen zu werden und damit nehme ich deutlich mehr Geld in die Hand.»

«Echte Kommunikation»

Um trotzdem noch Reichweite zu generieren, rät Michael Kussmaul den betroffenen Seitenbetreibern, ihre Beiträge so zu gestalten, dass man sie gerne kommentiert: «Es kommt jetzt darauf an, dass man neu nicht mehr nur «Likes» sucht oder nur kurze «Gefällt mir»-Kommentare bekommt, sondern echte Kommunikation anregt.»

Für Melanie Staub vom «Coucou» sind die Änderungen von Facebook vor allem auch eine mahnende Erinnerung daran, dass es sich bei Facebook um ein Unternehmen handle, das hauptsächlich an unseren Daten und Werbeeinnahmen interessiert sei. «Die Jungen sind nicht mehr auf Facebook, denn sie scheinen die Nase voll zu haben.» Ob die neuesten Anpassungen daran wirklich etwas ändern, zeige sich in den nächsten Monaten. «Ich denke, es werden wohl noch so einige Anpassungen auf uns zukommen.»

«Man darf dabei nicht vergessen, dass es sich bei Facebook um ein Unternehmen handelt, dass hauptsächlich an unseren Daten und Werbeeinnahmen interessiert ist. Die Jungen scheinen die Nase voll zu haben.»

Melanie Staub, Coucou-Magazin
© Tamedia