Ohne Informanten sind wir nichts, sagte einmal der frühere FBI-Direktor Clarence M. Kelley. Diese Erkenntnis trifft nicht nur auf die Bundespolizei im fernen Amerika zu, sondern auch auf die Gesetzeshüter hier in der Schweiz. Denn bis es beispielsweise einem Polizisten der Kantonspolizei Zürich gelingt als verdeckter Ermittler, in ein abgeschottetes kriminelles Milieu reinzukommen, kann (zu) viel Zeit verstreichen. Aus Sicht der Polizeibehörden ist es da natürlich deutlich effektiver, die Informationen gleich bei jenen Personen abzuholen, die bereits seit langem im entsprechenden Umfeld integriert sind. Jeder Fahnder hat da mit der Zeit so «seine Leute» im Milieu, die ihm Tipps geben – oder die im offiziellen Auftrag der Polizei ganz gezielt Informationen sammeln.

Und es stimmt schon: Ohne diese Spitzel sähe die Polizei ziemlich alt aus. Hätte in vielen Fällen kaum «eigene» Erfolge vorzuweisen. Die Gefahr ist aber, und das zeigt die Geschichte von Dragan Petrovic klar, dass durch die Nähe der Polizisten zu ihren Informanten, eine grosse Abhängigkeit entstehen kann. Ein Polizist tut dann Dinge um des Erfolges Willen, die schlicht kriminell sind. Als einfacher Bürger, der auf das Engagement der Polizei angewiesen ist, ist man aber vielleicht dennoch bereit, zwei Augen zuzudrücken. «Denn es dient ja letztlich alles nur zu unserem Schutz», ist man geneigt zu sagen. Vielleicht denken einige gar, dass man hie und da illegale Dinge zulassen muss, damit noch Schlimmeres verhindert werden kann. Doch diese Relativierung von Recht und Gesetz ist brandgefährlich. Wo hört sie auf?

Nein, der Zweck heiligt die Mittel nicht. Und mit dem Graubereich muss Schluss sein. Das Spitzelwesen der Kantonspolizei Zürich ist heute eine Art geheime Parallelwelt, deren gesetzliche Grundlage zudem ziemlich dünn ist. Im Unterschied zu anderen Kantonen, findet man im Zürcher Gesetz nicht einmal den Begriff «Informant», geschweige denn Angaben zur Zusicherung von Vertraulichkeit oder gar zum Anspruch auf Entschädigung der Spitzel. Dies alles in polizeiinterne Regeln zu packen, die nicht einmal Sicherheitsexperten im Kantonsrat kennen, hilft niemandem, schon gar nicht den Informanten. Doch gerade sie, die teils hohe Risiken auf sich nehmen, über keinerlei Polizeiausbildung verfügen, nicht selten vorbestraft und psychisch labil sind, sind dringend auf einen gesetzlichen Schutz angewiesen. Hier ist der Kantonsrat mit einer entsprechenden Gesetzesergänzung gefordert. Eine solche würde letztlich auch den Polizisten helfen.

Die Versetzung von mindestens zwei Polizisten und Ex-Informantenbetreuern in den Innendienst, der nicht untersuchte Verrat an Petrovic, die Intransparenz bei den Prämien für Spitzel und weitere Ungereimtheiten rufen geradezu nach einer unabhängigen Aufsichtsbehörde. Für den Nachrichtendienst existiert eine solche seit letztem Jahr. Dort gilt: Was geheim bleiben muss, bleibt geheim. Doch Missstände haben kein Recht auf Geheimhaltung. Sie aufzudecken, dient letztlich allen.