Zum Sterben in die Schweiz

Wie Deutsche ihre Heimat verlassen, um bei uns ihr Leben zu beenden


Pfäffikon,
Zürcher Oberland


Der Verein Dignitas betreibt hier ein Sterbehaus.


Ein unscheinbarer Kleintransporter holt ein verstorbenes Mitglied ab.

LESEZEIT: ca. 25min. Bitte Ton einschalten.

Es ist kein besonders schöner Ort. Das Sterbehaus von Dignitas steht am Rande des Pfäffiker Industriegebiets. Zur riesigen Maschinenfabrik, die sich dahinter erhebt, passt es so gut wie eine Scheune zum Zürcher Prime Tower. Aus der Fabrik quietscht es metallisch, ein paar Schritte weiter rauscht der Durchgangsverkehr vorbei. Am Eingang der benachbarten Imbissbude klebt ein Zettel: «Wegen Betriebsaufgabe geschlossen». Offenbar kommt man nicht einmal mehr zum Essen hierher, sondern nur zum Arbeiten oder zum Einkaufen. Oder um aus dem Leben zu gehen.

Meist sind es keine Schweizerinnen oder Schweizer, welche die Dienste der Suizidhilfeorganisation Dignitas in Anspruch nehmen. Rund 93 Prozent derjenigen, die so aus dem Leben schieden, hatten ihren Wohnsitz im Ausland. Der Weg zum Verein Exit bleibt ihnen verwehrt, denn dieser akzeptiert nur Menschen mit einem einheimischen Pass oder zumindest einem Wohnsitz in der Schweiz. Fast die Hälfte aller derjenigen, die Dignitas seit Aufnahme ihrer Tätigkeit 1998 bei ihrem Freitod begleitet hat, stammen aus Deutschland. Das Phänomen des sogenannten Sterbetourismus beschäftigt immer wieder die Schweizer Politik. Meist kommen die Vorstösse, die auf ein Verbot zielen, von Parlamentariern aus rechten oder christlichen Parteien.


2532


Menschen beendeten bisher bei Dignitas ihr Leben.




45%


von ihnen waren aus Deutschland angereist.

Was treibt die Deutschen dazu, ihre letzten Stunden fern der Heimat zu verbringen? In einem ihnen fremden Haus? Wieso sind Suizidhilfeorganisationen in Deutschland verboten und in der Schweiz erlaubt? Und wie haben die deutschen Sterbehelfer auf das Verbot reagiert?

Auf solche Fragen soll dieser Beitrag Antworten liefern.

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Was diese Geschichte nicht will

Im Fokus dieses Beitrags steht die Situation der organisierten Suizidhilfe in Deutschland. Menschen, die sich mit solchen Angeboten befassen, tun dies aus vielfältigen Gründen. Diese Geschichte will weder über Motive urteilen, noch eine ausführliche Diskussion über die medizinischen Möglichkeiten führen, die allenfalls bei manchen Suizidfällen Alternativen hätten bieten können. Auch die Frage, wohin eine zunehmende Etablierung der Suizidhilfe führen könnte, will dieser Beitrag nicht beantworten.

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